Da die Teilnehmer der Studie ausschließlich zwischen 18 und 29 Jahren alt waren kann davon ausgegangen werden, das es sich dabei um die erste und zweite Generation der sogenannten “Digital Natives” handelt, der Generation also, die mit dem Computer aufgewachsen ist. Bemerkenswert ist, dass trotz eines durchschnittlichen täglichen, digitalen Lese-Konsums von ca. 70% eine sehr hohe Meinung von Büchern bzw. Printmedien unter den Teilnehmern festgestellt wurde. So attestierten 21 der befragten Personen, Printmedien einen eher hohen Stellenwert, 18 einen hohen und 4 einen sehr hohen Stellenwert in der Gesellschaft von 2019. Lediglich 23 der befragten Personen gaben an, das Print im Jahr 2019 einen eher geringeren Stellenwert hat. Keiner der Befragten stuften den Stellenwert von Drucksachen als gering oder sehr gering ein.
Medienkonsum
Bei der Frage nach dem persönlichen Konsumverhalten von Lesemedien gaben 76% der Befragten an, dass sie Romane analog lesen, weitere 9% gaben an, dass sie Romane eher analog lesen. Selbst bei Fachliteratur tendierten 93% der Befragten eher zu analogen Texten. Bei Magazinen, also kürzeren Texten sind die Meinungen geteilter. Vor allem bei Magazinen zur Fachliteratur gaben 74% der Befragten, digitalen Medien den Vorrang.
Konsumverhalten
C 02.1
BUCH UNTERHALTUNG
FACHLITERATUR
MAGAZIN UNTERHALTUNG
FACHLITERATUR
ANALOG
50
15
15
12
EHER ANALOG
6
25
20
12
TEILS TEIL
6
21
19
20
EHER DIGITAL
4
4
10
15
DIGITAL
4
4
10
15
∅ TÄGLICHER LESEKONSUM
ANALOG
30 %
DIGITAL
70 %
Zur Nennung von drei digitalen bzw. drei analogen Medien, die genutzt werden, fiel 56 mal das Wort “Roman” bei analogen Medien. Am zweithäufigsten wurde “Magazin” (44 mal) angegeben. Weiter bei analogen Medien wurden Fachbücher, Fachzeitschriften, Comics, Zeitungen und studienbezogene Dokumente genannt.
Genannte analoge & digitale Medien
ROMAN
ANALOG
56
DIGITAL
10
MAGAZIN
ANALOG
44
DIGITAL
16
ZEITUNG
ANALOG
29
DIGITAL
34
FACHLITERATUR
ANALOG
17
DIGITAL
11
SONSTIGES
ANALOG
18
DIGITAL
11
SOCIAL MEDIA
ANALOG
17
DIGITAL
18
Bei den Fragen nach digitalen Medien wurden vor allem Nachrichten, Kommunikationsdienste und Social Media genannt.
Hier erkennt man, das vor allem Medien mit fragmenthaften und kürzeren Texten eher digital genutzt werden. E-Mails werden im täglichen Lesekonsum jedoch nicht bzw. sehr selten wahrgenommen und wurden in der Studie von lediglich 10 Teilnehmern aufgezählt, obwohl davon ausgegangen werden kann, dass jeder der Probanden mehrmals täglich E-Mails liest oder sie zumindest überfliegt.
Das bedeutet, dass vor allem lange Texte vorwiegend analog gelesen werden, selbst bei Digital Natives. Diese Feststellung deckt sich mit Studien von Naomi Baron¹⁰.
C 02.1
Immersion
Die Teilnehmer sollten in einer Frage über den Immersionsgrad eines Mediums angeben, in welches Medium man sich am besten vertiefen kann. Dabei wurde deutlich, dass die Befragten ein sehr präzises Bewusstsein für die Immersion unterschiedlicher Medien vorweisen konnten. Während die Immersion bei gängigen digitalen Medien (Computer, Smartphone, Tablet, E-Reader) als niedrig eingestuft wurde, hielten 59 Probanden Printprodukte für sehr immersiv. Dabei stuften 26 Print als hoch immersiv ein und 27 wählten “sehr hoch”. Bemerkenswert ist hier die Tatsache, dass 43 der Befragten, bei VR die Immersion beim Lesen als “sehr hoch” einstuften, wohingegen E-Reader unter allen gängigen digitalen Medien zwar als tendenziell immersiv angesehen wurde, jedoch weitaus weniger als Print und VR. Hier gibt es eine kulturelle Differenz, scheint die Akzeptanz von E-Reader in Deutschland doch wesentlich niedriger zu sein als beispielsweise in den USA, wo sich E-Reader besonders unter Studenten steigender Beliebtheit erfreuen und die Verkaufszahlen seit 2011 stetig steigen¹¹.
Bei einer Nachbefragung gaben die meisten Studenten an, dass Ablenkung und Multitasking eine Rolle bei der niedrigen Immersion von gängigen digitalen Medien spielen. Auch diese Aussagen decken sich mit Erkenntnissen von Naomi Baron¹² und Manfred Spitzer¹³. So ist es umso erstaunlicher, das dieser Umstand bei Virtual Reality von den Befragten als geringer eingestuft wird. Das bedeutet, dass sich viele der Befragten vorstellen können, in der VR konzentriert und ablenkungsfrei zu lesen.
C 02.2
Immersionseinschätzung
EINSCHÄTZUNG
Sehr hoch
Hoch
Eher hoch
Eher gering
gering
Sehr gering
Keine Angabe
PRINT
COMPUTER
SMARTPHONE
27
2
10
26
11
9
6
19
10
7
24
20
0
6
11
0
2
5
0
2
2
TABLET
E-READER
VR
2
7
43
9
19
7
27
15
6
23
8
4
7
1
1
1
0
0
1
16
5
Memorierbarkeit
Im Jahr 2011 veröffentlichten Prof. Stephan Füssel und Mathias Schlewesky eine Studie in Mainz zur Memorierbarkeit von Inhalten in unterschiedlichen Medien und kamen zu dem Schluss, dass Teilnehmer sich Inhalte besser am Computer merken konnten als Teilnehmer, die auf Papier lernten¹⁴. Manfred Spitzer zweifelt diese Studie wehement an, auch wenn Naomi Baron zu ähnlichen Erkenntnissen kam. In der vorgelegten Studie wurde die Memorierbarkeit ebenfalls in den unterschiedlichen Medien überprüft. Alle drei Probanden-Gruppen mussten am Ende des Fragebogens auch Fragen zum Textinhalt beantworten. Der Zeitabstand zwischen dem Lesen des Textes und dem Beantworten dieser sieben Fragen betrug im Durchschnitt 10 Minuten. Festgestellt wurde hierbei, dass die Papier-Gruppe im Durchschnitt 3,3 Fragen richtig beantwortete, die Monitor-Gruppe4 Fragen und die VR-Gruppe3,5 Fragen. Somit bestätigt sich die Studie von Füssel und Schlewesky. Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Memorierbarkeit von Informationen im Bezug auf Mediennutzung.
Richtig beantwortete Fragen
G1
PAPIER
∅ 3,3 / 7
G2
MONITOR
∅ 4 / 7
G3
VIRTUAL REALITY
∅ 3,5 / 4
Es scheint keine Rolle zu spielen, in welchen Medien gelesen wird, die Memorierbarkeit ist bei allen Medien ähnlich, bei Computer jedoch leicht erhöht im Vergleich zu Print. VR macht diesbezüglich keine Ausnahme. Das bedeutet, dass Inhalte medienunabhängig gleich effizient erlernt werden können und es viel mehr auf die Frage nach der Ablenkung ankommt.
C 02.3
Qualitative Daten
Um eine individuelle Einschätzung über den Lesekonsum der Studienteilnehmer zu erhalten, wurden persönliche Fragen zu den eigenen Vor- und Nachteilen von Printmedien sowie Digitalmedien gestellt. Die Fragen tauchen genauso in einer Studie von Naomi Baron auf¹⁵. Bemerkenswert bei diesen Fragen war die Einstimmigkeit der Antworten, die im folgenden erläutert werden.
Auf die Frage “Was gefällt Ihnen beim Lesen auf Papier am meisten” nannten 55 der Probanden die physische Präsenz eines gedruckten Mediums. Besonders Haptik und Geruch, sowie das Gefühl die Seiten um zu blättern spielen eine sehr große und wichtige Rolle. Weiter gaben die Befragten an, dass sie sich besser auf das Medium konzentrieren könnten, da es sich unmittelbarer anfühle und schonender für die Augen sei.
Was gefällt Ihnen beim Lesen auf Papier am besten?
HAPTIK
ANZAHL
55
INTERAKTIONS-KOMFORT
ANZAHL
21
BESONDERE ZITATE
„sich bewusst Zeit fürs Lesen nehmen“
„Die Hapik macht das Leseerlebnis spezieller. Jede Seite die man umblättert, fühlt sich wie ein kleiner Erfolg an.“
„Eine Auszeit von der digitalen Welt .“
„Es fühlt sich unmittelbarer an.“
Auf die Frage “Was gefällt Ihnen beim Lesen auf Papier am wenigsten” gaben 25 Teilnehmer Gewicht und Sperrigkeit an. Weitere Gründe waren die tageszeitabhängigen Lichtverhältnisse, die mangelnde Individualisierbarkeit, sowie diverse andere Gründe, die sich auf praktische Umstände beziehen, wohingegen die Vorteile von Drucksachen eher emotionaler Natur sind.
Was gefällt Ihnen bein Lesen auf Papier am wenigsten?
LESEKOMFORT, GEWICHT, HALTBARKEIT
ANZAHL
41
MANGELNDE INTERAKTIVITÄT
ANZAHL
17
BESONDERE ZITATE
„Das ich das Buch/Dokument erst besorgen oder ausdrucken muss, …“
„Keine digital verfügbaren Notizen.“
„Wenn zwischen den Seiten tote Insekten kleben.“
Die Frage “Was gefällt Ihnen beim Lesen am Bildschirm am meisten” wurde ebenfalls mit vorwiegend praktischen Gründen beantwortet. Besonders Verlinkungen, der schnelle Zugang, die Flexibilität, Individualisierungsmöglichkeiten und Recherche wurden am häufigsten genannt.
Was gefällt Ihnen bein Lesen am Bildschirm am meisten?
INTERAKTIVITÄT & FLEXIBILITÄT
ANZAHL
61
KOMFORT & EFFIZIENZ
ANZAHL
24
BESONDERE ZITATE
„Ctrl+F, Ctrl+C, Ctrl+V“
„Scrollen, scrollen, scrollen!“
„Durchkämmen und überfliegen von Texten ist einfacher.“
Auf die Frage “was gefällt Ihnen beim Lesen am Bildschirm an wenigsten” wurden ebenfalls sehr rationale Gründe genannt. Darunter am häufigsten; schmerzende Augen (55 mal) und den daraus resultierenden Mangel an langfristiger Konzentrationsfähigkeit. Ablenkung wurde hingegen kaum genannt, was bedeutet, dass dieser Umstand zwar vorherrscht, von den wenigsten der Befragten aber bewusst wahrgenommen wird. Alle Antworten zu diesen vier Fragen finden sich im Anhang.
Was gefällt Ihnen beim Lesen auf einem Bildschirm an wenigsten?
AUGENSCHMERZEN
ANZAHL
55
KONZENTRATION & FOKUS
ANZAHL
42
BESONDERE ZITATE
„Das Gefühl weiter entfernt von dem Inhalt zu sein“
„Lesen am Bildschirm ist selten ein bewusster Akt.“
„Es ist nicht möglich mit dem Finger zu lesen“
C 02.4
Fazit
C 02
Fragebogen
Das Problem des Multitasking wird in unterschiedlichen Publikationen zu diesem Thema erläutert (siehe Spitzer, Baron, Dehane). Hier liegt ein signifikantes Problem des Lesens an digitalen Medien vor.
Es lässt sich zusammenfassend feststellen, das die Gründe für die Benutzung von Drucksachen hauptsächlich emotionale sind, die durchaus auch von Digital Natives geschätzt werden. Digitale Medien werden viel mehr als praktikable Werkzeuge angesehen und weniger als emotionale Artefakte. Die Frage danach, ob sich das mit VR ändert, bleibt zunächst ungeklärt.
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